49 Prozent der Eltern sagen, dass es ihnen keinen Spaß macht / wenig Bücher zuhause / Vorlesestudie 2020 vorgestellt
Rund 32 Prozent der Eltern in Deutschland lesen ihren Kindern selten oder nie vor – diese Zahl ist seit Jahren konstant. Erstmalig geht die Vorlesestudie 2020 der Frage nach, welche Gründe dahinterstecken. Dazu wurden bundesweit 528 Eltern befragt, die maximal einmal pro Woche vorlesen.
Die Vorlesestudie 2020, die heute in einer Online-Pressekonferenz vorgestellt wurde, ist wie der Bundesweite Vorlesetag am 20. November ein gemeinsames Projekt von Stiftung Lesen, DIE ZEIT und Deutsche Bahn Stiftung.
Wenig Zeit
Häufig fehlt es an Zeit und Bereitschaft zum Vorlesen. Die Hälfte der Eltern gibt an, dass es im Haushalt anderes zu tun gibt und sie zu erschöpft zum Vorlesen sind. Außerdem denken 48 Prozent der befragten Eltern, dass ihren Kindern woanders schon genug vorgelesen wird, vor allem in der Kita.
„Vorlesen ist für viele der Befragten eine zusätzliche Belastung in ihrem Alltag“, sagt Dr. Rainer Esser, Geschäftsführer der ZEIT Verlagsgruppe. „Dabei lässt es sich mit anderen Freizeitaktivitäten wie etwa Basteln gut verbinden, das wollen wir noch mehr zeigen. Schon fünf Minuten Vorlesen sind besser als nichts.“
Wenig Bücher
Auch mangelt es in vielen Haushalten an Vorlesestoff. 68 Prozent der befragten Haushalte geben an, dass ihre Kinder maximal zehn Bücher haben. Sie sehen diese Tatsache häufig nicht als Manko, allerdings fänden es 57 Prozent der befragten Eltern gut, wenn ihre Kinder regelmäßig Bücher geschenkt bekämen. Die Studie zeigt auf, dass Buchgeschenke die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Eltern häufiger vorlesen.
„Geschichten müssen zu den Familien kommen, egal ob als Buch oder digital“, fordert Jürgen Kornmann, Leiter Marketing & PR der Deutschen Bahn AG und Beauftragter Leseförderung der Deutsche Bahn Stiftung. „Vorlesestoff sollte im Alltag überall verfügbar sein – attraktiv, unkompliziert, niedrigeschwellig und in möglichst vielen Sprachen. Das erhöht zudem die Wahrscheinlichkeit, dass die Eltern häufiger vorlesen.“
Wenig Spaß
49 Prozent der Eltern macht Vorlesen keinen Spaß. Damit gehen sehr kritische Vorstellungen vom Vorlesen einher: Die Eltern glauben, schauspielern und ihre Kinder zum geduldigen Zuhören zwingen zu müssen. 44 Prozent der befragten Eltern sagen, dass ihr Kind zu unruhig sei, 31 Prozent geben an, dass ihr Kind selbst gar nicht vorgelesen bekommen möchte.
„Viele der befragten Eltern stehen dem Vorlesen kritisch gegenüber – es macht ihnen keinen Spaß, weil sie sich der Aufgabe nicht gewachsen fühlen“, sagt Dr. Jörg F. Maas, Hauptgeschäftsführer Stiftung Lesen. „Die Hälfte hat in ihrer eigenen Kindheit zu Hause keine Vorleseerfahrungen gemacht. Ihnen fehlt das Vertrauen, dass Vorlesen jederzeit und überall ohne Übung möglich ist. Das wollen, das müssen wir ändern, denn es geht darum, dass alle Kinder diesen wichtigen Impuls in ihr Leben mitnehmen können!“
Die Vorlesestudie wird seit 2007 jährlich durchgeführt. 2020 hat iconkids & youth München im Mai und Juni 528 Eltern von Kindern im Alter von 1-6 Jahren (358 Mütter, 170 Väter) persönlich-mündlich befragt, die maximal einmal pro Woche vorlesen. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Gruppe der selten und nie vorlesenden Eltern bundesweit.
Alle Ergebnisse sowie Vorleseempfehlungen für Kinder zwischen einem und acht Jahren finden Sie unter: www.stiftunglesen.de/vorlesestudie
Zentrale Ergebnisse aus den zurückliegenden Vorlesestudien lauten:
- Vorlesen fördert die Lesemotivation und das Leseverhalten (2011/2018)
- Vorlesen fördert die sprachliche Entwicklung (2018)
- Vorlesen fördert die persönliche Entwicklung (2015)
- Vorlesen fördert die sozialen Kompetenzen von Kindern (2015/2016)
- 91 Prozent der Kinder in Deutschland lieben es, wenn ihnen vorgelesen wird und wünschen sich, dass dies noch viel öfter geschieht. (2016)
Beim Bundesweiten Vorlesetag setzen jedes Jahr Hundertausende Menschen ein Zeichen für das Vorlesen. 2020 findet er am 20. November statt. Weitere Informationen und Anmeldung: www.vorlesetag.de
Dies ist eine Pressemitteilung der Stiftung Lesen. Das Aufmacherbild stammt von: kelly bell photography (CC-BY 2.0).